Schlaglicht
Es war zu erwarten und doch erschreckt die hohe Stimmenzahl für die AfD bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen Anfang des Monats. Sind es wirklich ein Drittel der Wähler*innen, die nicht mehr in einer demokratischen Gesellschaft leben möchten. In Gesprächen mit meinen ostdeutschen Kolleg*innen und meiner ostdeutschen Verwandtschaft höre ich: Nein, es sind nicht alle. Viele Menschen in den neuen Bundesländern fühlen sich von der Politik einfach nicht mehr gehört. Und es sind auch viele junge Menschen, die sich nicht mehr wahrgenommen fühlen und lieber den einfachen Parolen glauben, die scheinbar einfache Lösungen versprechen.
Was sollen wir tun?
Genau zu dieser Frage der ersten Christ*innen fällt mir eine Bibelstelle aus der Apostelgeschichte ein.
„Bleibt beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Gebet“
rät Petrus der den Mitgliedern ersten urchristlichen Gemeinde.
Diese Botschaft möchte ich gerne den demokratischen Parteien in diesem Land ans Herz legen – oder besser – um die Ohren schlagen. Habt Ihr den Schuss nicht gehört? Anstatt Euch gegenseitig aus wahltaktischen Gründen das Leben schwerzumachen, packt endlich gemeinsam die Probleme dieser Zeit an! Klimawandel, Migration, kriegerische Konflikte oder Pflegenotstand lassen sich nur gemeinsam lösen. Das ist sind die großen Herausforderungen für die demokratischen Parteien für den Fortbestand der Demokratie. Die demokratische Grundordnung basiert auf der „Lehre der Apostel“, d.h. auf urchristlichen Werten wie Solidarität, Nächsten- und Feindesliebe, Versöhnung, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Die Demokratie hat nur dann eine Zukunft, wenn diese Werte fest in der DNA der sog. „Volksgemeinschaft“ verankert sind. Und im Gebet einmal innezuhalten und nachzudenken lehrt ein Stück Demut, die vielen demokratischen Politiker*innen in der Regierung und in der Opposition sehr gut zu Gesicht stehen würde.
Viele Wähler*innen würden den rechten Rattenfängern und Demokratieverächtern nicht nachlaufen, wenn sie sich von den demokratischen Parteien wahr- und ernstgenommen fühlen würden. Deshalb ist es für mich an der Zeit, dass alle demokratischen Parteien – ob Ampel oder Opposition – gemeinsam die Herausforderungen angehen und tragfähige Lösungen finden. Das kann gelingen mit einer weiteren christlichen Tugend und zwar der Demut, d.h. endlich anzuerkennen, dass es nicht um die nächste Wahl geht, sondern um die Menschen, um deren Vertrauen in die Demokratie und die Glaubwürdigkeit ihrer Vertreter*innen.
Und die Kirche und ihre Jugendverbände?
Für die Kirche würde mir wünschen, dass sie sich weniger um sich selbst und ihren Fortbestand drehen würden, sondern erkennt, welche Bedeutung sie hat als „Kitt der Gesellschaft“. Und für ihre Jugendverbände wünsche ich mir, dass sie viel stärker aus ihrer Komfortzone heraustreten und sich den jungen Menschen öffnen, die anfällig sind für die leeren Versprechungen rechter Ideologien.
„Wir schaffen das!“,
hat einmal eine demokratische Politikerin gesagt. Dann packen wir es doch einfach mal an, ganz im Sinne der Apostelgeschichte.