Konfis fragen nach: Haben wir Genug.?

Ein Ausflug der besonderen Art in die Unionskirche Kaiserslautern
Am Samstagmorgen, den 14.06.2025 traf sich die Konfirmand*innengruppe der Friedenskirche Kaiserslautern voller Neugier und mit viel Energie: 24 Jugendliche, begleitet von vier Teamer*innen, machten sich auf den Weg in die Unionskirche. Dort wartete die interaktive Ausstellung „Genug.?“ auf sie – ein außergewöhnliches Projekt, das sich mit Armut, Reichtum und Gerechtigkeit beschäftigt.
Gleich zu Beginn wurde klar: Das hier ist keine gewöhnliche Ausstellung zum Durchlaufen und Angucken. Stattdessen: mitmachen, hinterfragen, nachdenken.
Eine fiktive Erzählung führte die Jugendlichen an das Thema heran und knüpfte an die Lebenswelt der Konfis an. In vier darauffolgenden Workshops wurden die Jugendlichen eingeladen, sich intensiv mit verschiedenen Aspekten des Themas auseinanderzusetzen – ehrlich, lebensnah und berührend.

Station 1: Ein Tag in meinem Leben
Der Workshop startete mit einem Perspektivwechsel. Die Jugendlichen sollten sich bewusst machen, was sie tagtäglich nutzen, was sie eigentlich besitzen – und was für sie selbstverständlich ist. Geweckt werden vom Handy, die elektrische Zahnbürste nutzen, Zahnpasta, Make up, Frühstück mit frischen Brötchen, Essensgeld für das Kiosk usw. Die Liste wurde lang.
Doch gleichzeitig tauchte die Frage auf: Was ist mit Menschen, die all das nicht haben? Wie fühlt sich das an, wenn man täglich ums Nötigste kämpfen muss? Die Jugendlichen merkten schnell: Wir nehmen vieles als „normal“ hin – aber für viele ist es das nicht.
Station 2: Unverschuldet in Armut
An dieser Station rückte die Kunst ins Zentrum. Das Exponat Bettelfahne von Albrecht Wild wurde zum Ausgangspunkt eines intensiven Austauschs. Die Fahne, auf der in leuchtenden Farben um Hilfe gebeten wird, wirkte im Raum fast verstörend.
Die Jugendlichen erfuhren: Armut hat viele Gesichter. Man muss nicht „selbst schuld“ sein, um arm zu werden – Krankheit, Jobverlust, familiäre Krisen oder schlicht Pech können jede*n treffen. Diese Erkenntnis sorgte für Betroffenheit, aber auch für Verständnis: Armut ist keine Schwäche – sondern eine Realität, die viel mit gesellschaftlichen Strukturen zu tun hat.


Station 3: Obdachlos sein
Diese Station war besonders eindrücklich. Hier lernten die Jugendlichen das Iglu kennen – eine mobile Notunterkunft, entwickelt vom Verein Lichtblick e.V. aus Neustadt/Wstr.
Was heißt es eigentlich, keinen festen Wohnsitz zu haben? Bei Wind und Wetter draußen zu schlafen, keinen Rückzugsort zu haben, ständig das Gefühl von Unsicherheit? In Kleingruppen durften die Konfis das Iglu selbst begutachten – und viele konnten sich nicht vorstellen, dort eine einzige Nacht zu verbringen. Die Realität von obdachlosen Menschen bekam plötzlich ein Gesicht.
Station 4: Arm & Reich in der Bibel
Ein Workshop bot den Blick in die Geschichte. Armut – so wurde den Jugendlichen vermittelt – ist kein neues Phänomen. Schon in biblischen Zeiten war Ungleichheit ein Thema.
Die Seligpreisung brachte die Jugendlichen in die damalige Lebenswelt und warf dabei einige Fragen auf: Muss ich arm sein, um in den Himmel zu kommen? Gemeinsam wurde diskutiert, die Bibel ausgelegt und ein Bezug zur eigenen Lebenswelt hergestellt.

Fazit eines besonderen Tages
Die Ausstellung Genug.? war keine leichte Kost – aber eine wertvolle Erfahrung. Die Jugendlichen verließen die Unionskirche mit neuen Eindrücken, offenen Fragen und vielen Gedanken im Gepäck.
Was bedeutet eigentlich „genug“? Wieviel brauche ich wirklich? Wie kann ich sensibler werden für Menschen, denen es schlechter geht? Und was kann ich vielleicht selbst verändern – in meinem Alltag, in meinem Denken?
Ein Tag, der nachwirkt. Und genau das ist das Ziel.
© Fotos: Florian Riesterer